Agrobakterien - Blinde Passagiere in transgenen Pflanzen?

Dr. Tino Köster

Die Persistenz von Agrobakterien ist beim Umgang mit transgenen Pflanzen zu berücksichtigen.

Agrobakterien bilden eine Gattung gramnegativer, sporenloser, aerober und beweglicher Stäbchen innerhalb der Familie der Knöllchenbakterien (Rhizobiaceae), die weltweit vor allem in der Rhizosphäre von Pflanzen vorkommen. Nach der Infektion einer Pflanze übertragen die Agrobakterien tumorinduzierende Gene in das Pflanzengenom und lösen die Bildung von Tumoren aus. In der grünen Gentechnik werden routinemäßig Agrobakterien, die keine tumorinduzierenden Eigenschaften mehr besitzen, zur Transformation von Kulturpflanzen eingesetzt, um ein Transgen in das pflanzliche Genom zu übertragen. Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass die endobiotische Beziehung zwischen den Agrobakterien und der Wirtspflanze transient und von kurzer Dauer ist und bereits nach den ersten Selektionsschritten keine Agrobakterien mehr vorhanden sind. Seit vielen Jahren ist jedoch bekannt, dass Agrobakterien noch Monate nach der Infektion aus transformierten Pflanzen isoliert werden können. In diversen Studien mit unterschiedlichen Pflanzenarten wurde nachgewiesen, dass Agrobakterien unter unterschiedlichen Umweltbedingungen in verschiedenen Pflanzenorganen überleben können und somit persistent sind. Darüber hinaus besitzen sie die Eigenschaft, sich innerhalb der Pflanze im Interzellularraum oder in den Leitgeweben, wie z.B. dem Phloem, zu bewegen. Der erfolgreiche Nachweis von Agrobakterien in den Samen transgener Pflanzen ist von besonderer Bedeutung. Entgegen früheren Annahmen weiß man heute, dass Agrobakterien auch generationsübergreifend über die Samen an die pflanzlichen Nachkommen weitergegeben werden können. Trotz der lückenreichen Datenlage geht man derzeit davon aus, dass nach der Transformation bis zu drei Generationen transgener Pflanzen betroffen sein könnten. Folglich spielt die Persistenz von Agrobakterien für die Identität und Reinheit der transgenen Pflanzen und somit der Verlässlichkeit von Forschungsergebnissen eine wichtige Rolle. Doch hat sie darüber hinaus Auswirkungen auf organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen? Eine Anpassung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) samt ergänzender Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen innerhalb des STOP-Prinzips (s. AGCT-Gentechnik.report von 01/2022 und 06/2024) erfolgt immer dann, wenn die Risikobewertung dafür entsprechenden Anlass gibt. Dabei wird die PSA als angemessen betrachtet, wenn sie in der Lage ist, das Risiko für die Benutzer*in auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren. Der Frage, wie Agrobakterien einzustufen sind und welche Kriterien im Allgemeinen für die Einstufung von Pflanzenpathogenen als Spender- und Empfängerorgnismen für gentechnische Arbeiten anzuwenden sind, widmen wir uns in den kommenden Ausgaben des AGCT-Gentechnik.reports.

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