Alkohole als Bestandteil von Desinfektionsmitteln

Dr. Christian Klein

Selbst angesetzte Ethanolgemische, ein neues NoGo im gentechnischen Labor?

Im Zuge behördlicher Überwachungspraxis gentechnischer Anlagen wird in einigen Bundesländern die seit Jahrzehnten eingesetzte Praxis, selbst angesetzte Ethanol Gemische zu verwenden als kritikwürdig identifiziert. Nur welche Basis, welche Grundlagen, welche Berechtigung hat diese Kritik?

Aus der Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) zumindest kommen diese Anforderungen nicht, denn Desinfektionsmittelkategorien sind dort nicht festgelegt. In Anlage 2 zu § 14 unter Punkt 15 ist nur erwähnt: „Für den Fall des Austretens von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) müssen wirksame Desinfektionsmittel und spezifische Desinfektionsverfahren … zur Verfügung stehen.“

Nun ist aber die desinfizierende Wirksamkeit von Ethanol unstrittig. Denn Ethanol dringt besonders schnell auch in Gegenwart von Lipidschichten in Bakterien ein. Ethanol wirkt u.a. mittels Denaturierung von Proteinen, durch die Inaktivierung von Enzymen (z.B. Dehydrogenasen bei E. coli) und durch Verlängerung der Latenzphase von Bakterien (z.B. bei Enterobacter aerogenes). Eine bakteriostatische Wirkung vermittelt Ethanol auch dadurch, dass Ethanol die Produktion von Metaboliten, die für eine rasche Zellteilung erforderlich sind, inhibiert. Das Wirkungsspektrum ist durch eine gute und rasche Wirksamkeit gegen grampositive und gramnegative Erreger sowie gegen Mykobakterien und Pilze charakterisiert. Allerdings besteht keine Wirkung gegenüber Sporen. Zum Teil besteht eine gute viruzide Wirkung; gegenüber behüllten Viren besteht eine ausreichende, gegenüber nicht behüllten Viren hingegen keine ausreichende Wirkung (siehe auch Buschhausen-Denker/Deitenbeck, 1995). Die Anforderungen der GenTSV an Desinfektionsmittel sind also für die meisten Biostoffe erfüllt.

Der Sinn der Vermeidung von Ethanol kann allerdings durch seine Brennbarkeit begründet sein. Denn Alkohol verdunstet sehr rasch und hat einen niedrigen Flammpunkt. Und nach längerer Benutzung führt Alkohol zudem zur Quellung und Härtung von Gummi und manchen Plastikteilen. Aber viele kommerziell erwerbbare Flächendesinfektionsmittel enthalten ebenfalls erhebliche Anteile von Ethanol und anderen kurzkettigen Alkoholen und viele dieser Produkte sind ebenfalls brennbar. Eine generelle Ablehnung von selbst angesetzten Ethanolgemischen zur Desinfektion ist daher nicht unbedingt nachvollziehbar.

Fazit: Wie bei jedem anderen Gefahrstoff auch muss also der Verwendung von Ethanol als Desinfektionsmittel eine, durch fachkundige Personen vorgenommen und dokumentierte, Gefährdungsbeurteilung (GBU) vorausgehen. Die entsprechenden Vorgaben zu dieser GBU und zu den gesundheitlichen Betrachtungen werden in einem Folgeartikel an dieser Stelle weiter ausgeführt.

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