Anerkennung von Tagesfortbildungskursen nach der neuen GenTSV (2019)?

Dr. Petra Kauch

Fraglich ist, ob Tageskurse als Projektleiterkurse unter der neuen GenTSV (2019) von den Behörden anerkennbar sind.

Fraglich ist, ob unter der neuen GenTSV 2019 auch Tagesfortbildungskurse – etwa solche, die die AGCT als Updatekurse seit 2009 im Angebot hat - als Fortbildungsveranstaltungen im Sinne des § 28 Abs. 5 GenTSV (2019) von den Behörden anerkannt werden können und müssen. Derzeit verhält es sich so, dass - zumindest die Bezirksregierung in Düsseldorf für Nordrhein-Westfalen - Tageskurse als Fortbildungsveranstaltungen im Sinne des § 28 Abs. 5 GenTSV, d.h. mit staatlicher Anerkennung nicht akzeptiert. Anerkannt werden nur Zweitageskurse, die das Curriculum der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik (LAG) erfüllen. Da diese Vorgaben der LAG aber nicht bindend sind, stellt sich die Frage, ob auch Tagesveranstaltungen von den Veranstaltern und den Universitäten zur Fortbildung beantragt werden können. Dies hängt maßgeblich davon ab, ob eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist und damit die gesetzlichen Vorgaben aus dem GenTG und der GenTSV erfüllt werden können. Im Hinblick auf die Ermächtigungsgrundlage kommen nur §§ 28 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 5 GenTSV (2019) in Betracht. Danach ist eine Unterscheidung in unterschiedliche und unterschiedlich lange anerkannte Fortbildungsveranstaltungen nicht vorgesehen. Insbesondere § 28 Abs. 5 GenTSV (2019) sieht für anerkannte Fortbildungsveranstaltungen die gleichen Inhalte, d.h. ohne Differenzierung vor. Auch dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 Nr. 3 GenTSV kann entnommen werden, dass der Gesetzgeber eine Differenzierung nicht gemeint hat. Der Wortlaut lautet: „Die bei der Fortbildung nach Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (= staatlich anerkannte Fortbildungsveranstaltung Anm. der Red.) vermittelten Kenntnisse müssen mindestens alle 5 Jahre durch die erneute Teilnahme an einer anerkannten Fortbildungsveranstaltung (nach Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Anm. der Red.) aktualisiert werden.“ Auch unterschiedliche Anerkennungen durch die Behörden sind danach nicht intendiert. Auch wäre gesetzlich nicht ausgeschlossen, dass ein „erstmaliger“ Projektleiter seine Anerkennung als Projektleiter seine Anerkennung mit einem Tageskurs beantragen kann, wenn dieser tatsächlich die Voraussetzungen des § 28 Abs. 5 GenTSV (2019) erfüllt. Dementsprechend ist schon fraglich, ob es eine Ermächtigungsgrundlage für einen Tageskurs geben kann, der die Vorgaben des Gesetzes, nämlich des § 28 Abs. 5 GenTSV (2019) erfüllt. Die wäre einzig dann der Fall, wenn jedenfalls dann die hinter § 28 Abs. 5 GenTSV stehenden Vorgaben erfüllt werden könnten. So sieht das GenTG vor, dass Projektleiter (PL) die unmittelbare Planung, Leitung oder Beaufsichtigung einer gentechnischen Arbeit oder einer Freisetzung durchführen (§ 3 Nr. 8 GenTG). Diese Aufgabenzuschreibung bezieht sich vornehmlich auf die gentechnische Arbeit, so dass der PL über alle für diese Planung, Leitung oder Beaufsichtigung der gentechnischen Arbeit erforderlichen Kenntnisse verfügen muss. Demgegenüber sieht das GenTG für den Beauftragten für die Biologische Sicherheit (BBS) vor, dass dieser die Erfüllung der Aufgaben des Projektleiters überprüfen und den Betreiber beraten soll (§ 3 Nr. 9 GenTG). Daraus ist abzuleiten, dass der BBS wegen der Überprüfung der vorbezeichneten Arbeiten des Projektleiters ebenfalls über die für die Planung, Leitung oder Beaufsichtigung der gentechnischen Arbeit erforderlichen Kenntnisse verfügen muss. Hinzu kommt für ihn wegen der Beratungsfunktion bezogen auf den Betreiber, dass er auch die anlagebezogenen Aufgaben des Betreibers (§§ 6, 8 ff. GenTG) mit in den Blick nehmen muss, um ihn diesbezüglich beraten zu können.

Die GenTSV weist dem Projektleiter überdies in § 14 GenTSV kraft Gesetzes bestimmte Aufgaben zu, hinsichtlich derer entsprechende Kenntnisse vom Projektleiter zu fordern sein dürften. Dies sind:

  • die Beachtung der allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften sowie der seuchen-, tierseuchen-, tierschutz-, artenschutz- und pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften
  • den fristgerechten Beginn der gentechnischen Arbeiten,
  • den fristgerechten Beginn der Freisetzung
  • die Umsetzung von behördlichen Auflagen und Anordnungen
  • die ausreichende Qualifikation und Einweisung der Beschäftigten
  • die Durchführung der Unterweisung für die Beschäftigten anhand der Betriebsanweisung über die auftretenden Gefahren sowie die Protokollierung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sowie der eventuell auftretenden Unfälle
  • die ausführliche Unterrichtung des Beauftragten für die Biologische Sicherheit
  • die unverzügliche Vornahme geeigneter Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren im Falle einer Gefahrensituation
  • die unverzügliche Anzeige eines Vorkommnisses, das nicht den erwarteten Verlauf der gentechnischen Arbeit oder der Freisetzung entspricht und bei dem der Verdacht einer Gefährdung geschützter Rechtsgüter besteht,
  • dafür, dass bei Freisetzungen eine sachkundige Person regelmäßig anwesend und grundsätzlich verfügbar ist.

Daraus ergibt sich zwingend, dass der PL Kenntnisse zum IfSG, TierGesG, TierSchG, Bundesnaturschutzgesetz und Artenschutzverordnung und zum PflSchG haben muss (Ziff. 1.5 und 1.7 LAG-Kriterien). Ferner muss er aus dem Zulassungsbereich für gentechnische Anlagen und gentechnische Arbeiten über den Fristbeginn und die damit einhergehenden Rechtsfolgen informiert sein (§§ 8-12 GenTG). Auch muss er Kenntnisse von behördlichen Bescheiden und der Bedeutung von Auflagen und Anordnungen (§§ 19, 20, 22, 25, 26 GenTG) haben, die von ihm umzusetzen sind (Ziff. 1.1 und 1.3 LAG-Kriterien). Aus dem Bereich des Arbeitsschutzes (ArbSchG und ArbSchV) und der GenTSV dürfte er Kenntnisse im Hinblick auf die Unterweisung Beschäftigter, die Bewandtnis von Betriebsanweisungen und die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen hinzukommen (Ziff. 3.3 LAG-Kriterien). Gleiches gilt für Kenntnisse zur Abwehr von Gefahren (§§ 6, 14-16e GenTG und GenTSV) in den einzelnen Sicherheitsstufen gentechnischer Anlagen (Ziff. 2.1 und 2.3 LAG-Kriterien), auch müssen sich seine Kenntnisse auf die Gefährdung der Rechtsgüter bei der Regelarbeit, bei Unfällen und bei unvorhersehbaren Ereignissen beziehen (Ziff. 2.1, 2.3 und 3.1. 3.4, 3.5 LAG-Kriterien). Heranzuziehen ist auch noch § 15 Abs. 5 GenTSV. Danach muss eine Fortbildungsveranstaltung die wesentlichen Grundzüge folgender Themenbereiche umfassen:

  1. Gefährdungspotentiale von Organismen bei gentechnischen Arbeiten in gentechnischen Anlagen unter besonderer Berücksichtigung der Mikrobiologie und bei Freisetzungen = §§ 6, 14-16e GenTG und GenTSV (Ziff. 2.1 und 2.3 LAG-Kriterien)
  2. Sicherheitsmaßnahmen für gentechnische Laboratorien, gentechnische Produktionsbereiche und Freisetzungen GenTSV (Ziff. 2.2.2 und 3.1 LAG- Kriterien) und
  3. Rechtsvorschriften zu Sicherheitsmaßnahmen für gentechnische Laboratorien, Produktionsbereiche und Freisetzungen GenTSV (Ziff. 2.1, 2.2 und 2.3 LAG- Kriterien)

Ordnet man diesen Gegebenheiten jetzt die von der LAG vorgesehenen jeweiligen Zeitfenster -mindestens 16 Stunden á 45 Min. zu, so stellt sich unschwer heraus, dass diese Vorgaben nicht mit 8 Lehrstunden à 45 Minuten an einem Tag absolviert werden können. Die Lerninhalte müssen auf zwei Tage verteilt bleiben. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Zeiteinheiten an zwei einzelnen Tagen in unterschiedlichen Wochen und nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt werden müssen. Eine Reduzierung der Inhalte ist angesichts der gesetzlichen Ausgangslage wohl nicht möglich, will man nicht den im Gesetz bislang vorgesehenen Standard absenken. Eine Absenkung des Niveaus dürfte sich weder mit dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 S. 1 GenTG und auch mit der gesetzlichen Begründung nicht vereinbaren lassen. Nach dem Wortlaut „Die bei der Fortbildung nach Abs. 2 S. 1 Nr. 3 (= Projektleiterkurse Anm. der Red.) vermittelten Kenntnisse müssen mindestens alle 5 Jahre durch die erneute Teilnahme an einer anerkannten Fortbildungsveranstaltung aktualisiert werden.“ Zur Begründung ist ausgeführt, § 28 Abs. 3 GenTSV solle sicherstellen, dass in angemessenen zeitlichen Intervallen geeignete Fortbildungsmaßnahmen für alle Projektleiter verpflichtend vorgesehen werden. Dies fordert im Vergleich zu der vorherigen Regelung eine Verschärfung, womit sich eine Absenkung des Niveaus sicherlich ebenfalls nicht vereinbaren lässt. Insofern sieht der Wortlaut des Gesetzes vor, dass PL und BBS alle fünf Jahre erneut an einer Grundlagenveranstaltung teilnehmen müssen. Eine Differenzierung in unterschiedliche Inhalte und eine Absenkung des Niveaus hat der Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt. Demnach wird es bundesweit wohl dabei bleiben, dass PL und BBS alle fünf Jahre zwei Tage in die Fortbildung investieren müssen. In dem nächsten Newsletter werden wir uns mit den damit einhergehenden Kosten beschäftigen.

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