Anfragen zur Gentechnologie aus Ende 2020 an den Bundestag/die Bundesregierung
Dr. Petra Kauch
Bereits Ende 2020 hat es zwei Anfragen an den Bundestag/die Bundesregierung gegeben, die gegensätzlicher nicht sein könnten.
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Zum einen hat u.a. die FDP-Fraktion beantragt (Drucksache 19/23694), der Bundestag solle feststellen, dass mit der Verleihung des Chemie-Nobelpreises für die CRISPR-Cas9 Gen-Schere neue Züchtungsmethoden für die Landwirtschaft einen höheren Stellenwert bekommen und der europäischen Landwirtschaft auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden müssen, um allen Menschen Zugang zu ausreichend und qualitativ guten Nahrungsmitteln zu gewähren. Der Bundestag solle sich auf europäischer Ebene für eine technologieoffene Überarbeitung des EU-Gentechnikrechts einsetzen, die den tatsächlichen Risiken und Chancen neuer Züchtungsmethoden des Genome Editing gerecht werde. Forschungsprojekte für neue Züchtungsmethoden sollten stärker unterstützt werden und eine öffentliche Aufklärungskampagne über die Chancen und Risiken neuer Züchtungsmethoden für Menschen, Tiere und Umwelt initiiert werden. Demgegenüber hat u.a. die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Bundesregierung im Hinblick auf die neuen gentechnischen Verfahren (NGT) wie CRISPR-Cas9 gefragt (Drucksache 19/23917), ob nach derartigen Verfahren seitens Organisationen, Unternehmen und Forschungsinstituten gefragt worden sei und welche Maßnahmen der Kontrolle die Bundesregierung zur Anwendung des Gentechnikrechts auf NGT und § 27 Abs. 4 Nr. 2 GenTG -Produkten ergriffen habe. Der Fragekatalog erstreckt sich auf insgesamt 30 Fragen, die sich über die Patentierbarkeit von NGT oder NGT-Produkten und den Zugriff darauf erstrecken. Die Anfrage der FDP-Fraktion ist an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur Beratung überwiesen worden. In diesem Ausschuss haben alle Fraktionen zu dem Antrag eine Stellungnahme abgegeben und dann den Antrag mehrheitlich abgelehnt. Die Fraktion der CDU/CSU gab an, auf der Ebene der EU sei eine Studie zum Status der NGT-Verfahren in Auftrag gegeben worden. Die Diskussion in Deutschland könne erst weitergeführt werden, wenn die besagte Studie der EU auf dem Tisch liege. Die SPD lehnte eine Unterstützung aller Forschungsvorhaben mit den neuen Techniken, damit Deutschland nicht den Anschluss an die Welt verliere, ab. Die AfD hat dem Antrag der FDP-Fraktion zugestimmt, während die Fraktion DIE LINKE darauf hingewiesen hat, dass zunächst einmal die noch offenen Fragen der nationalen Umsetzung der sogenannten Opt-Out- Richtlinie der EU in Deutschland noch offen sei. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN argumentiert mit dem Vorsorgeprinzip, das der Antrag der FDP vermissen lasse.
Die Bundesregierung hat die Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dann mit einem 70 Seiten langen Papier (Drucksache 19/24246) geantwortet und weitgehend auf eine Studie der Europäischen Kommission zum Status neuartiger genome editierte Verfahren verwiesen und eine Tabelle zu entsprechenden Arbeiten im Bereich der Pflanzen, der Mikroorganismen und der medizinischen Anwendungen beigefügt. Eine ad hoc Arbeitsgruppe der Bund Länder Arbeitsgemeinschaft (LAG) habe die Anwendung des EuGH Urteils auch bezogen auf die Arbeit mit Mikroorganismen empfohlen, was in den Ländern weitgehend auch so umgesetzt werde. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, dass es umfassende Nachweis- und Identifizierungsverfahren sowie (zertifizierte) Referenzmaterialien für sämtliche NGT-Organismen derzeit nicht gebe. Eine Rückverfolgung von NGT Produkten sei nach den Verordnungen (EG) 18/29/2003 und 1830/03 möglich, soweit Nachweisverfahren zur Verfügung stünden. Auch habe es drei Anfragen zu Freilandexperimente mit NGT-Pflanzen gegeben, die nach einer Antwort in Deutschland nicht weiterverfolgt worden seien. Die Bundesregierung bestätigt auch, dass NGT-bezogene Forschung im Bereich der Lebensmittel, Medizin und im Industriesektor Vorteile bringen können.