Bayerischer Verwaltungsgerichtshof legt Europäischem Gerichtshof Imkerverfahren vor

Dr. Petra Kauch

Seit einiger Zeit streiten die Gerichte darüber, ob Pollen im Honig allein deshalb keine gentechnisch veränderten Organismen mehr sind, weil es sich bei den Maispollen nicht mehr um funktionsfähige lebende Organismen handelt.
Zum Teil haben die Gerichte die Auffassung vertreten, es komme auf die konkrete Fortpflanzungsfähigkeit des GVO nicht an, sondern bereits das Vorhandensein von gentechnisch verändertem Material sei für das Verständnis eines gentechnisch veränderten Organismus entscheidend. Nur so könne der Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren gewahrt werden.
Demgegenüber ist in der Rechtsprechung (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 27.06.2007 – 11 S 54.07 -) auch die Auffassung vertreten worden, ein Organismus sei jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. Dies sei bei Maispollen im Honig nicht der Fall, da sich diese nicht mehr selbst vermehren könnten und zudem aufgrund des Zeitfaktors die Fähigkeit zur Fortpflanzung verloren hätten.
Nunmehr hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Bay. VGH, Besch. V. 26.10.2009 – 22 BV 08.1968 -) diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Er ist der Auffassung, die Beantwortung dieser Frage sei entscheidungserheblich für Schadensersatzansprüche des Imkers. Diese hingen davon ab, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der Imkereiprodukte vorliege. Davon sei nur auszugehen, wenn der Honig mangels Zulassung als gentechnisch verändertes Lebensmittel nicht mehr in den Verkehr gebracht oder jedenfalls nur unter Hinweis auf die gentechnische Veränderung kennzeichnet in den Verkehr gebracht werden dürfe. Beides sei zu bejahen, soweit die Imkereiprodukte mit Pollen der gentechnischen veränderten Maissorte MON 810 in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1829/2008 fielen. Voraussetzung dafür sei, dass es sich bei dem Honig und den Pollen um einen gentechnisch veränderten Organismus handele.
Es bleibt jetzt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof die Auslegungsfrage entscheidet. Damit wird dann zugleich eine offensichtlich vorhandene Lücke im Gentechnikgesetz geschlossen.

Diese Veröffentlichung finden Sie auch auf der Website der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Kauch.

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