Die Arbeit des International Committee on Taxonomy of Viruses
Dr. Joachim Kremerskothen
Die taxonomische Einteilung von Viren und deren Bedeutung bei der Risikobewertung erfolgt durch das ICTV.
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Die Zuordnung eines Virus zu einer bestimmten Familie, einer Gattung oder einer Art ist bei seiner Verwendung als Spender oder Empfänger für gentechnische Arbeiten in Bezug auf die Risikobewertung ein wichtiges Kriterium. Als Virus-Taxonomie bezeichnet man dabei die Benennung von Viren, Virusfamilien und -gattungen, die von einem internationalen Gremium, dem International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) festgelegt wird. Dieses Gremium besteht derzeit aus etwa 500 Virologinnen und Virologen innerhalb der International Union of Microbiological Societies.
Bei der ursprünglichen Klassifikation von Viren nach André Lwoff, Robert W. Horne und Paul Tournier (LHT-System) wurden zunächst die Natur des viralen Genoms (DNA oder RNA), die Symmetrie des Kapsids, das Vorhandensein einer Lipidumhüllung und die Größe von Virion und Kapsid als Charakteristika herangezogen. Ab 1971 wurde dann eine nach David Baltimore benannte erweiterte Klassifikation verwendet, die als Charakteristika das Virus Genom (DNA oder RNA), das Vorhandensein von Doppel- oder Einzelstrang Nukleinsäuren (bei RNA auch die Polarität), eine eventuelle Segmentierung, die lineare oder zirkuläre Topologie des Genoms, die Form (Symmetrie) des Kapsids, das Vorhandensein einer Hülle, die Anordnung der Gene innerhalb des Genoms, die Replikationsstrategie (abhängig von Genomstruktur) und die Virusgröße verwendet. Gegenüber der Baltimore-Klassifikation zielt der Fokus des ICTV vorrangig auf Übereinstimmungen in der Nukleotidsequenz (Sequenzhomologie) zwischen zwei Viren. Das ICTV arbeitet dabei kontinuierlich an der Vereinheitlichung und Organisation von taxonomischen Bezeichnungen von Viren aber auch von Viroiden, Virusoiden, Prionen und Retrotransposons. Wird ein neues Virus entdeckt, so wird ihm durch das ICTV ein international gültiger und wissenschaftlich verbindlicher Name zugeordnet.
Die ZKBS geht im allgemeinen Teil ihrer Stellungnahmen zu gentechnischen Arbeiten mit Viren auf deren taxonomische Einordnung ein. Liegen zu dem entsprechenden Virus bislang nur wenig Daten hinsichtlich der Übertragungswege oder auch der Pathogenität vor, so erfolgt in Bezug auf die Risikobewertung durch die ZKBS eine Orientierung an bereits bekannten, eingestuften Viren aus derselben Familie oder Gattung gemäß der Taxonomie des ICTV.