Erbgutveränderungen bei Ungeborenen – Ethikrat schließt eine künftige Anwendung nicht aus
Dr. Petra Kauch
Erbgutveränderungen bei Ungeborenen hatten im November 2018 für weltweites Aufsehen gesorgt.
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In China kam es mit Hilfe des chinesischen Wissenschaftlers He Jiankui zur Geburt der sog. „Designer-Babys“, zweier Zwillingsmädchen, die mittels einer vorgeburtlichen genetischen Veränderung ihres Erbguts lebenslang vor dem HI-Virus geschützt sein sollen. Zu solchen Erbgutveränderungen bei Ungeborenen hat sich nun der Deutsche Ethikrat in einer Stellungnahme geäußert. Wegen ihrer nicht abschätzbaren Risiken hält er gezielte gentechnische Veränderungen des Erbguts Ungeborener bis auf Weiteres für unzulässig. Überraschend kam allerdings die Äußerung, solche sog. Keimbahneingriffe seien grundsätzlich ethisch nicht auszuschließen. Insbesondere enthält die Stellungnahme den Appell, in Deutschland eine Debatte über die hinreichende Sicherheit und Wirksamkeit solcher Eingriffe zu führen. Der Vorsitzende des Rats, der Theologe Peter Darbrock von der Universität Erlangen-Nürnberg, sieht die Stellungnahme eher als eine Abschätzung von Risiko und Chancen. Konkret benennt das Gremium ethnische Maßstäbe, die die Grenzen der wissenschaftlichen Entwicklung festlegen. Darunter seien insbesondere die Menschenwürde, der Lebensschutz, Freiheit und Natürlichkeit, das Vermeiden von Schädigungen, Gerechtigkeit und Solidarität sowie Verantwortung zu fassen. Die Stellungnahme enthält damit zwar kritische Anmerkungen, sieht aber keine Unantastbarkeit der menschlichen Keimbahn vor. Die ethnischen Maßstäbe des Gremiums dienten als eine „rote Linie“, die an die Einhaltung der akzeptierten Standards appelliert. Trotz der Unzulässigkeitserklärung schließt der Ethikrat den Einsatz von GVO am menschlichen Organismus in Anpassung an die weltweite Entwicklung nicht mehr gänzlich aus. Der Anstoß einer deutschlandweiten Debatte über Risiken und Chancen ist ein wichtiger Schritt in Richtung Zulassung und Akzeptanz von GVO-Verfahren innerhalb der zulässigen Grenzen.