Geht von Agrobakterien eine Gefahr für den Menschen aus?
Dr. Tino Köster
Agrobakterien werden trotz ihrer schwachen Humanpathogenität in die Risikogruppe 1 eingestuft.
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Agrobacterium tumefaciens ist ein Pflanzenpathogen mit einem für Pflanzen onkogenen Potenzial. Der Wirtsbereich von A. tumefaciens umfasst mehr als 600 Pflanzenarten aus nahezu 100 Familien dikotyler und gymnospermer Pflanzen. Dementgegen sind nur wenige Vertreter monokotyler Pflanzen für A. tumefaciens empfänglich. Trotz ihrer phytopathogenen Eigenschaften aufgrund des tumorinduzierenden (Ti) Plasmids sind vereinzelt Berichte über den Nachweis von Ti-Plasmid-freien A. tumefaciens Varianten (auch „A. radiobacter“ genannt) in menschlichem Untersuchungsmaterial (z.B. Blut, Liquor, Peritonealflüssigkeit bzw. an Sonden und Kathetern) erschienen.
Allerdings sind die Nachweise im Vergleich zu anderen opportunistischen Erregern äußerst selten. Im Wesentlichen führen Agrobakterien nur unter zwei Voraussetzungen zu einer Infektion des Menschen. Dazu gehören eine ausgeprägte Immuninsuffizienz oder eine langfristige Inkorporation alloplastischer Implantate (z.B. Venenkathetern). Ferner bildet A. tumefaciens keine Exotoxine und tierexperimentelle Untersuchungen sprechen für eine sehr geringe Pathogenität. Ebenfalls ist bei Entweichen des Organismus nicht von einer Gefährdung für die Umwelt auszugehen, da Agrobakterien weltweit im Erdboden verbreitet sind (bis zu 500 Bakterien pro g Boden).
Aufgrund dieser Eigenschaften und der geringen Pathogenität sowie des sehr seltenen klinischen Nachweises als opportunistisches Bakterium im Menschen kommt die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) in ihrer Stellungnahme zur Einstufung von Agrobacterium tumefaciens (Az.: 6790-10-52) zu dem Schluss, A. tumefaciens als Organismus der Risikogruppe 1 einzustufen. Auch die unerwartet lange Persistenz von Agrobakterien in transgenen Pflanzen (vgl. AGCT-Gentechnik.report vom 30.08.2024) führt unter diesen Umständen nicht zwingend zu einer Neubewertung des Risikos und folglich einer Anpassung der persönlichen und organisatorischen Schutzmaßnahmen im Umgang mit Agrobakterien. Empfehlenswert ist jedoch ein eindeutiges System zur Markierung von Pflanzen in gentechnischen Anlagen, z.B. in Form eines abgestuften Farbsystems.
Denkbar ist ein Ampel-Kennzeichnungs-System zur Markierung von frisch transformierten Pflanzen und transgenen Pflanzen der Folgegeneration mit hoher bzw. mäßiger Kontaminationsgefahr (Generation T0-T1: rot), nachfolgenden transgenen Generationen mit geringer oder vernachlässigbarer Kontaminationsgefahr (Generation ≥T2: gelb) und nicht transgenen Wildtyp-Pflanzen (grün). Die vollständige Stellungnahme finden Sie unter dem Aktenzeichen 6790-05-02-41 auf der Seite der ZKBS.
Welche Kriterien für die Einstufung anderer Pflanzenpathogene als Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten anzuwenden sind, wird im nächsten AGCT-Gentechnik.report thematisiert.