Gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten? – Teil 1 „Unterscheidung“

Dr. Alexander Heinick

Wie unterscheidet man im Labor, ob gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten ausgeübt werden?

Bei Tätigkeiten in Laboren, in der Versuchstierhaltung, in der Biotechnologie sowie in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes hat der Arbeitgeber laut Biostoffverordnung (BioStoffV) zu ermitteln, ob gezielte oder nicht gezielte Tätigkeiten ausgeübt werden. Er hat diese Tätigkeiten hinsichtlich ihrer Infektionsgefährdung danach einer Schutzstufe zuzuordnen (§ 5 Abs. 1 BioStoffV und 4.3 TRBA 100). Doch wie unterscheidet man gezielte von nicht gezielten Tätigkeiten?

Gezielte Tätigkeiten sind immer unmittelbar auf einen bestimmten, der Spezies/Subspezies nach bekannten, biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet (die Arbeit ist planmäßig und gewollt) und die Exposition des Beschäftigten ist im bestimmungsgemäßen Betrieb hinreichend bekannt oder abschätzbar (§ 2 Abs. 8 S. 1 BioStoffV). Eine gezielte Tätigkeit ist z.B. die Vermehrung von Bakterien in Reinkultur oder die Vermehrung einer definierten Virus-Spezies mit Hilfe von Zellkulturen (4.3 TRBA 100).

Nicht gezielte Tätigkeiten liegen dagegen vor, wenn eines der oben genannten Kriterien für gezielte Tätigkeiten nicht erfüllt ist (§ 2 Abs. 8 S. 2 BioStoffV). So ist die Untersuchung von humanem Probenmaterial (z.B. Blut, Abstriche, Gewebsproben) im Rahmen der mikrobiologischen, der klinisch-chemischen oder einer sonstigen speziellen Diagnostik eine nicht gezielte Tätigkeit. Dies ist auch bei Tätigkeiten mit Probenmaterial der Fall, das von einem Spender mit eindeutigem Infektionsverdacht oder positivem Infektionsbefund stammt, sofern diese Tätigkeiten nicht auf diesen entsprechenden biologischen Arbeitsstoff ausgerichtet sind. Zytologische oder histologische Untersuchungen an nicht inaktiviertem Material stellen ebenfalls nicht gezielte Tätigkeiten dar (4.3 TRBA 100).

In der medizinischen Diagnostik oder in der mikrobiologischen Forschung, kann es im Rahmen der Untersuchungen aber auch zu einem Übergang von nicht gezielten Tätigkeiten zu gezielten Tätigkeiten kommen. Das ist z.B. der Fall, wenn der nach der Erstdiagnostik bekannte biologische Arbeitsstoffe zur weiteren Charakterisierung gezielt vermehrt wird. Dies kann u.a. stattfinden bei der weiteren Charakterisierung von Isolaten, der Subtypisierung oder der Bestimmung von Chemotherapeutika-Resistenzen. Bei diagnostischen Nachweisverfahren mit definierten Kontrollstämmen handelt es sich ebenfalls um gezielte Tätigkeiten (4.3.3 TRBA 100). Zu den nicht gezielten Tätigkeiten zählen auch das Aufbewahren bzw. im Rahmen der Abfallentsorgung die Inaktivierung des Probenmaterials oder des isolierten biologischen Arbeitsstoffes nach erfolgter Identifizierung bzw. Diagnose, sofern keine weiteren gezielten Tätigkeiten folgen (4.3.3 TRBA 100).

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