In Deutschland für ausgerottet erklärte Polioviren in Abwasserproben gefunden
Dr. Alexander Heinick
In Abwasserproben mehrerer deutscher Städte wurden Polioviren nachgewiesen. Worauf kommt es in Laboren jetzt an?
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Laut RKI wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts geringe Mengen an Polioviren in Abwasserproben u.a. in Düsseldorf, Köln, Hamburg und München gefunden. Hier handelt es sich aber nicht um Wildtyp-Polioviren, sondern um Viren, die auf die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung (noch in mehreren Ländern durchgeführt) mit abgeschwächten, aber lebenden Polio-Erregern zurückgehen (cVDPV Typ 2, Risikogruppe 3). Die abgeschwächten Impfviren könnten sich in sehr seltenen Fällen so verändern (durch Mutation), dass sie wieder Polyiomyelitis auslösen können. Die STIKO empfiehlt den aktuellen Nachweis von Polioviren im Abwasser als Anlass zu nehmen den Impfstatus der Bevölkerung auf Vollständigkeit zu prüfen und bei unvollständigem Impfschutz Impfungen durchführen zu lassen. Als Infektionsquelle für die Allgemeinbevölkerung spielt Abwasser jedoch keine Rolle.
Worauf ist jedoch in Forschungs- und Analyse-Laboren zu achten, die mit Abwasserproben umgehen? Die durch die Gefährdungsbeurteilung festgelegten Hygienemaßnahmen (vor allem Händedesinfektion) in den Laboren sollten auch bei zusätzlichem Vorkommen von Polioviren in den untersuchten Abwasserproben ausreichen, da auch schon vorher das Vorkommen von anderen Viren im Abwasser wahrscheinlich war. Dies muss aber immer individuell und arbeitsplatzbezogen geprüft werden (z.B. ungezielte Tätigkeit?).
Eine Überprüfung des Impfstatus und ggf. eine Impfung gegen Polioviren ist laut RKI bei Personen mit einem beruflichen Risiko, z.B. Personal von Gemeinschaftsunterkünften für Aussiedelnde, Geflüchtete und Asylsuchende; bei medizinischem Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten haben kann, und bei Personal in Laboren mit Infektionsrisiko indiziert, wozu Labore, die regelmäßig mit Abwasserproben zu tun haben, auch gehören können.
Allgemein kann dem Arbeitgeber empfohlen werden, den Erreger mit in die bestehende Gefährdungsbeurteilung aufzunehmen und diese anlassbezogen zu überprüfen, wofür er sich fachkundige Hilfe holen kann. Zur Erweiterung der Fachkunde bietet die AGCT Consulting GmbH die „AGCT Fachkundekurse nach BioStoffV“ an. Zusätzlich kann auch die fachkundige Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (Schutzstufe 1-2) durch die AGCT angeboten werden. Allgemein kann dem Arbeitgeber empfohlen werden, den Erreger mit in die bestehende Gefährdungsbeurteilung aufzunehmen und diese anlassbezogen zu überprüfen, wofür er sich fachkundige Hilfe holen kann.