Ist meine im Labor verwendete Zelllinie ein Biostoff oder doch ein GVO?
Dr. Alexander Heinick
Wie stuft man Zelllinien nach Biostoffverordnung (BioStoffV) im Labor richtig ein und gibt es Zelllinien, die selbst als GVO eingestuft werden?
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Bei Zelllinien eukaryontischen Ursprungs (Primär- und Sekundärzellkulturen), mit denen keine gentechnischen Arbeiten im Sinn der Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) stattfinden (z.B. Transfektionen), stellt sich im Labor dennoch manchmal die Frage, wie die Linie nach BioStoffV eingestuft werden muss und ob sie sogar selbst einen gentechnisch veränderten Organismus (GVO) darstellt.
Zur Einstufung nach BioStoffV kann die TRBA 468 „Liste der Zelllinien und Tätigkeiten mit Zellkulturen“ herangezogen werden (Ziff. 5 TRBA 468). Diese Liste umfasst ausgewählte Zelllinien der „American Type Culture Collection“ (ATCC), des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH und der Zellkultursammlung des Friedrich-Loeffler-Instituts, sowie auch den Ursprungsorganismus, den zusätzlichen Biostoff und die Schutzstufe, in der die Tätigkeiten durchgeführt werden müssen. Sie berücksichtigt auch die von der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) eingestuften Zelllinien. Aber Achtung: Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit (Ziff. 5.1 TRBA 468)!
Mit zusätzlichen Biostoffen wird dabei ein Biostoff bezeichnet, dessen Erbmaterial in der Zelllinie in das Genom integriert ist oder der in die Zelle inkorporiert ist. Für die Zuordnung der Tätigkeiten mit einer Zelllinie zur Schutzstufe ist entscheidend, ob der zusätzliche Biostoff abgegeben, vermehrt oder exprimiert wird und ob er infektiös ist.
Für Zelllinien existiert keine einheitliche oder standardisierte Nomenklatur, so dass Zellliniennamen in der Literatur in unterschiedlicher Schreibweise erscheinen können (Groß- und Kleinschreibung, Sonderzeichen, Kürzungen und Synonyme). Die Zellliniennamen in der Liste der TRBA 468 entsprechen dabei den Benennungen der namhaften Zellkultursammlungen.
Zudem gibt es weitere Kennzeichnungen in der Liste (Ziff. 5.2 TRBA 468). Bei Biostoffen, die in die Risikogruppe 3 eingestuft und in der Liste mit (**) versehen wurden, ist das Infektionsrisiko für Beschäftigte begrenzt, da eine Übertragung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann. Zelllinien, die entsprechend § 3 GenTG als gentechnisch verändert gelten, sind in einer Spalte als GVO kenntlich gemacht. Für Arbeiten mit solchen Linien benötigt man dann eine gentechnische Anlage. Ein verwendetes G steht für Linien, die für gentechnische Arbeiten nach der Zelllinienliste der ZKBS abweichend eingestuft wurden.
Gibt es dennoch Einstufungsfragen oder Fragen der Zuordnung zur Schutzstufe, steht der Unterausschuss 3 „Wissenschaftliche Bewertung und Einstufung von Biostoffen“ des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) beratend zur Verfügung.