Mindestalter für Schüler*innen in S1 Anlagen?

Dr. Petra Kauch

Gerade in gentechnischen Anlagen zu Bildungszwecken stellt sich die Frage, wenn das Alter der Schüler*innen nicht eingeschränkt werden soll. 

Das Gentechnikgesetz (GenTG) und die Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) beinhalten keine das Alter einschränkende Sonderregelungen für Schüler*innen. Beide haben damit keine expliziten Altersgrenzen für Tätigkeiten mit GVO zu Bildungszwecken. Vielmehr stehen nach § 3 Nr. 14 GenTG u.a. Schüler*innen den Beschäftigten gem. § 2 Abs. 2 ArbSchG gleich, wobei in § 2 Abs. 2 ArbSchG gedanklich an die Beschäftigung im Sinne des Arbeitsrechts (nicht gemeint ist die bloße Tätigkeit) angeknüpft wird. Soweit es also bei reinen Bildungseinrichtungen um ein Beschäftigungsverhältnis gerade nicht geht, führt auch das ArbSchG nicht weiter. 

Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) schränkt die Beschäftigung von Kindern, d.h. Personen unter 15 Jahren (§ 2 Abs. 1 JArbSchG) und Jugendlichen, d.h. Personen über 15-18 Jahren (§ 2 Abs. 2 JArbSchG) in bestimmten Arbeitsumgebungen ein, wobei auch hier an den Beschäftigungsaspekt angeknüpft wird, was für reine Bildungseinrichtungen möglicherweise nicht erfüllt ist. 

Für Kinder gilt ein generelles Beschäftigungsverbot (§ 5 Abs. 1 JArbSchG), um das es in reinen Bildungseinrichtungen (Schulen) auch nicht geht. Eine Beschäftigung wäre lediglich zeitlich auf 2 Stunden täglich außerhalb des Unterrichts beschränkt (§ 5 Abs. 3 S.3 JArbSchG) beschränkt. Auch § 5 JArbSchG erlaubt unter bestimmten Bedingungen das Beschäftigen von Kindern etwa bei Betriebspraktiken (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 JArbSchG) und mit behördlicher Ausnahmegenehmigung bei Veranstaltungen (§ 5 Abs. 5 JArbSchG) und führt damit für reine Bildungseinrichtungen ohne arbeitsrechtlichen Beschäftigungsaspekt nicht weiter. 

Für Jugendliche gilt zumindest eine Ausschlussregelung: Ausgeschlossen ist nach § 22 JArbSchG die Beschäftigung Jugendlicher, also Personen ab 15, mit Arbeiten, 
•    bei denen sie schädlichen Einwirkungen von Gefahrstoffen im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) ausgesetzt sind (§ 22 Abs. 1 Nr. 6 JArbSchG) oder 
•    bei denen sie schädlichen Einwirkungen von biologischen Arbeitsstoffen im Sinne der Biostoffverordnung (BioStoffV) ausgesetzt sind. 
GVO fallen wegen ihrer Vermehrungsfähigkeit nicht unter die Gefahrstoffe, sondern gelten als Biostoffe (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV). Von der Geltung des Verbots mit Biostoffen ausgenommen sind Jugendliche, soweit dies zur Erreichung ihres Ausbildungsziels erforderlich ist, was für reine Bildungseinrichtungen anzunehmen ist. Allerdings gilt auch hier die Negativabgrenzung des § 22 Abs. 2 S. 1 2. HS JArbSchG, wonach diese Ausnahme vom Verbot keine Anwendung auf gezielte Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 und 4 findet sowie auf nicht gezielte Tätigkeiten, die der Schutzstufe 3 oder 4 zuzuordnen sind.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Jugendliche jedenfalls mit Biostoffen der Risikogruppe 1 und 2 in der Schutzstufe 1 und 2 umgehen dürfen, was mangels ausdrücklicher Regelung im GenTG und der GenTSV damit auch für GVO der Risikogruppe 1 und 2 in der Sicherheitsstufe 1 und 2 gelten dürfte. Was damit in einem weiteren Umkehrschluss ebenfalls in Bildungseinrichtungen für Schüler*innen ebenfalls mangels ausdrücklicher Regelungen im GenTG und der GenTSV gilt. Begründen lässt sich dies mit dem Umstand, dass auch von gentechnischen Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 nicht von einem Risiko für die menschliche Gesundheit und Umwelt auszugehen ist und bei gentechnischen Arbeiten der Sicherheitsstufe 2 ein geringes Risiko für die menschliche Gesundheit und Umwelt anzunehmen ist.

Fazit:
Es gibt kein Mindestalter für Schüler*innen, die in Bildungseinrichtungen oder biologischen Laboren zu Bildungszwecken mit GVO der Risikogruppe 1 in einer gentechnischen Anlage der Sicherheitsstufe 1 umgehen. Der Umstand, ob Schüler*innen tatsächlich gentechnische Arbeiten selbst durchführen, lediglich Zutritt zur gentechnischen Anlage haben, ohne eigene gentechnische Arbeiten durchzuführen, spielt dabei keine Rolle.
Für reine Bildungseinrichtungen gibt es zumindest seitens der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung einen Beitrag FAQs, der sich auch auf gentechnische Arbeiten bezieht.

Auf die Erforderlichkeit einer Gefährdungsbeurteilung und ggf. die Zustimmung der Eltern wird hingewiesen.

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