Neue Risikobewertungen von Bakterien der humanen Mikroflora
Dr. Joachim Kremerskothen
Drei Spezies von Corynebakterien wurden von der ZKBS in einer Stellungnahme vom Dezember 2023 in die Risikogruppe 2 eingestuft.
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Die Gattung Corynebacterium umfasst grampositive, mehrheitlich fakultativ anaerobe, unbewegliche, stäbchenförmige Bakterienspezies, die in der Umwelt und auf Wirbeltieren einschließlich des Menschen vorkommen und oftmals auch als tierische bzw. humane Krankheitserreger beschrieben werden. In der aktuellen ZKBS-Stellungnahme werden nun drei Spezies von Corynebakterien risikobewertet.
Corynebacterium accolens ist ein Teil der humanen Mikroflora und kommt auf der Haut bzw. den Schleimhäuten gesunder Menschen vor. Es liegen jedoch auch Berichte über Infektionen mit C.accolens bei sowohl abwehrgesunden als auch immunkompromittierten Menschen vor. Die Infektionen wurden dabei u.a. mit Abszessbildungen, einer Lungenentzündung oder auch einer Endokarditis in Verbindung gebracht. C. accolens wird zudem regelmäßig als Erreger von postoperativen Wundinfektionen identifiziert. Die Virulenzmechanismen von C. accolens konnten bislang nicht bestimmt werden.
Corynebacterium propinquum ist ebenfalls Teil der humanen Mikroflora und besiedelt die Haut und die Schleimhäute des Atemtraktes gesunder Menschen. Vereinzelte Berichte beschreiben Infektionen mit C. propinquum bei abwehrgesunden und immunkompromittierten Menschen. Diese Infektionen traten u.a. bei Patienten mit einer Harnröhrenentzündung, einer Endokarditis oder einer Lungenentzündung auf. Die Virulenzmechanismen von C. propinquum sind bisher nicht abschließend aufgeklärt. Das Bakterium besitzt jedoch ähnliche Virulenzfaktoren wie verschiedene pathogenen Helicobacter-, Klebsiella- und Mycobacterium-Spezies.
Auch Corynebacterium tuberculostearicum ist ein Teil der humanen Mikroflora und kommt auf der Haut und den Schleimhäuten gesunder Menschen vor. Das Bakterium wurde zudem gelegentlich als Kontaminante in Lebensmitteln isoliert. Es liegen bereits Berichte über die Verbindung einer Infektion mit C. tuberculostearicum und verschiedenen Erkrankungen von abwehrgesunden und immunkompromittierten Menschen vor. Dazu gehören u. a. Wundinfektionen nach operativen Eingriffen, eine Osteomyelitis nach Trauma-Einwirkungen oder aber die Bildung von Geschwüren und Abszessen. Auch für C. tuberculostearicum konnten die genauen Virulenzmechanismen bislang noch nicht identifiziert werden.
In den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe 466 „Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea)“ werden *C. accolens, C. propinquum und C. tuberculostearicum * in die Risikogruppe 2 eingestuft
Die ZKBS ordnet C. accolens, C. propinquum und C. tuberculostearicum gem. § 5 Abs. 1 GenTSV i.V.m. den Kriterien in Anlage 1 GenTSV als Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten der Risikogruppe 2 zu. Die Bakterienspezies aus der normalen Mikroflora des Menschen können, wenn sie die Haut- bzw. Schleimhautbarriere überwinden, auch bei abwehrgesunden Menschen Erkrankungen auslösen, welche im Allgemeinen jedoch gut behandelbar sind.
Die komplette ZKBS-Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen 45241.0252 abgerufen werden.