Risikobewertung zu rekombinanten Impfviren
Dr. Joachim Kremerskothen
Die ZKBS hat in ihrer Stellungnahme vom April 2021 verschiedene rekombinante Impfviren in die Risikogruppe 1 eingestuft.
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Die vier rekombinanten Impfviren Ad26.Mos2S.Env, Ad26.Mos1.Env, Ad26.Mos1.gag-pol und Ad26.Mos2.gag-pol und das rekombinante Impfvirus Ad26.RSV.preF beruhen auf dem Adenovirus (Ad) 26, welches 1956 erstmals aus einem Analabstrich eines neun Monate alten Jungen isoliert wurde. Ad26 gehört zur *Spezies Human mastadenovirus *D, die bislang noch relativ wenig erforscht wurde. Ad26 werden jedoch gastrointestinale und konjunktivale Infektionen zugeschrieben, die Viren werden daher der Risikogruppe 2 zugeordnet. Der Ad26-basierte Vektor, der allen fünf Viren zu Grunde liegt, ist durch die Deletion der E1-Genregion auf nicht-komplementierenden Zellen replikationsdefekt. Zudem wurde die E3-Genregion deletiert, die für immunmodulierende Faktoren kodiert. Des Weiteren wurde der open reading frame 6 (ORF6) der E4-Region durch den homologen Bereich aus dem Adenovirus 5 (Ad5) ersetzt. In die E1-Region wurde jeweils ein synthetisch hergestellter Nukleinsäureabschnitt unter Kontrolle des Zytomegalievirus-Promotors und des SV40-poly(A)-Signals eingefügt, um die rekombinanten Impfviren zu erhalten. Zur Herstellung der Ad26-basierten Viren wird eine rekombinante Zelllinie genutzt, welche die für die Replikation notwendige E1-Genregion von Ad5 zur Verfügung stellt, ein TetR-Element enthält und aufgrund von fehlenden Homologien keine homologe Rekombination zu replikationskompetenten Viren ermöglicht. Die Impfviren Ad26.Mos2S.Env, Ad26.Mos1.Env, Ad26.Mos1.gag-pol und Ad26.Mos2.gag-pol enthalten verschiedene Nukleinsäureabschnitte des Human immunodeficiency virus 1 (HIV-1) und sind Bestandteil des potenziellen Impfstoffs Ad26.Mos4.HIV, der gegen HIV-1 gerichtet ist. Ad26.RSV.preF enthält das Gen für das F-Protein des Respiratorischen Syncytial Virus (RSV, Spezies Human orthopneumovirus, Stamm A2 in der prefusion-Konformation (preF)) und soll zukünftig als Impfstoff gegen RSV-Infektionen der Atemwege eingesetzt werden. Zu Ad26-basierten Impfstoffen liegen bereits Daten aus einer Vielzahl an klinischen Studien vor. Auch wurden bereits Impfstoffe zugelassen, die auf dem Ad26-Vektorrückgrat basieren. Ad26.COVS, der das Gen für das Spike-Protein des Severe acute respiratory syndrom-related coronavirus, Virus (SARS-CoV-2) enthält und bereits eine Zulassung als Impfstoff besitzt, wurde durch die ZKBS kürzlich der Risikogruppe 1 zugeordnet (Az. 45242.0180). Inzwischen liegen Daten aus ersten klinischen Studien vor, in denen der potenzielle Impfstoff Ad26.Mos.HIV in einer heterologen Impfstrategie genutzt wurde. Dabei wurden unerwünschte Ereignisse wie Schmerzen an der Einstichstelle, Muskelschmerzen, Müdigkeit und Kopfschmerzen beobachtet, die jedoch nach wenigen Tagen wieder verschwanden. Auch für Ad26.RSV.preF liegen Studiendaten vor, bei denen milde bis moderate transiente unerwünschte Ereignisse nach der Impfung zu verzeichnen waren. Die ZKBS stuft Ad26.Mos2S.Env, Ad26.Mos1.Env, Ad26.Mos1.gag-pol und Ad26.Mos2.gag-pol sowie Ad26.RSV.preF nach § 5 Absatz 1 GenTSV i. V. m. den Kriterien im Anhang 1 GenTSV in die Risikogruppe 1 ein, da diese replikationsdefekte Viren Nukleinsäureabschnitte von HIV-1 bzw. RSV ohne Gefährdungspotential tragen. Zudem sind rekombinante Viren mit dem Ad26 Vektorrückgrat bereits als Arzneimittel in der EU zugelassen und waren in klinischen Studien gut verträglich.
Die ZKBS Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen Az. 45242.0188 abgerufen werden.