Symbiontische Bakterien von parasitären Fliegen als humane Krankheitserreger

Dr. Joachim Kremerskothen

Das Bakterium Wohlfahrtiimonas chitiniclastica wurde von der ZKBS im Februar 2024 in die Risikogruppe 2 eingestuft.

Wohlfahrtiimonas chitiniclastica wurde erstmals 2008 als symbiontisches Bakterium von Fliegen der Spezies Wohlfahrtia magnifica beschrieben. Bei W. chitiniclastica handelt es sich um gramnegative, nicht bewegliche, strikt aerobe, stäbchenförmige Gammaproteobakterien aus der Familie Ignatzschineriaceae. W. chitiniclastica kommt weltweit als Symbiont von parasitären Fliegen vor, konnte in tropischen Klimazonen jedoch auch in Böden nachgewiesen werden. Die Spezies ist als tierischer und humaner Krankheitserreger beschrieben, wobei der Erreger meist durch den Befall mit Fliegenmaden, der sog. Myiasis übertragen wird.

Im klinischen Kontext treten Infektionen mit W. chitiniclastica häufig bei Patienten mit Suchterkrankungen, einer schlechten sozioökonomischen Lebenssituation und/oder schlechter Hygiene auf (häufig Obdachlose) sowie bei pflegebedürftigen, neurologisch bzw. motorisch Vorerkrankten ohne pflegerische Betreuung. In offenen Wunden kam es bei diesen Patienten durch parasitäre Fliegen zur Myiasis und damit zur Übertragung von W. chitiniclastica. Nachfolgend zeigten die Patienten Infektionen der Haut und des Weichteilgewebes sowie Blutstrominfektionen und Nekrosen. Die Infektionen waren in der Regel gut behandelbar.

W. chitiniclastica wurde ebenfalls als Erreger von Blutstrom- und Hautinfektionen bei Tieren (z.B. Hirschen, Kühen, Zebras) identifiziert. Die Virulenzmechanismen von W. chitiniclastica bei humanen oder auch tierischen Infektionen sind bisher nicht abschließend aufgeklärt. In den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 666 „Einstufung von Prokaryonten (Bacteria und Archaea)“ wird W. chitiniclastica in die Risikogruppe 1 mit dem Zusatz „ht+“ eingestuft.

Die ZKBS stuft Wohlfahrtiimonas chitiniclastica nach § 5 Abs. 1 GenTSV i.V.m. den Kriterien in Anlage 1 GenTSV als Spender- und Empfängerorganismus für gentechnische Arbeiten in die Risikogruppe 2 ein, da das Bakterium in Folge einer Myiasis bei Menschen schwere Erkrankungen auslösen kann. Bei gentechnischen Arbeiten ist eine Infektion durch direkten Kontakt mit offenen Wunden und Schnittverletzungen nicht auszuschließen. Die ausgelösten Erkrankungen sind im Allgemeinen gut behandelbar.

Die ZKBS-Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen 45241.0265 abgerufen werden.

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