Update zu gentechnischen Arbeiten mit Prion Proteinen
Dr. Joachim Kremerskothen
Die ZKBS hat im März 2022 eine Aktualisierung ihrer Stellungnahme zu gentechnischen Arbeiten mit Prionen Proteinen veröffentlicht.
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In der aktualisierten Version einer Stellungnahme der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) bezüglich der Risikobewertung von gentechnischen Arbeiten zur Expression von Prion Proteinen wird eine differenzierte Bewertung von entsprechenden Experimenten mit Versuchstieren formuliert. Zudem werden für den Umgang mit rekombinanten, beim Menschen ggf. krankheitsverursachenden Prion Protein-Mutanten zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen empfohlen. Auf diese beiden Aspekte wird im Folgenden eingegangen.
Fehlgefaltete Formen vom zellulären Prion Proteinen (PrP, kodiert vom PRNP Gen) stellen in Säugetieren (einschließlich des Menschen) einen Pathogenitätsfaktor dar, der im Gehirn der infizierten Tiere u.a. die Bildung einer spongiformen Enzephalopathie verursachen kann. PrP in seiner nicht-pathologischen, zellulären Form wird als PrPC, die fehlgefaltete, pathologische Form als Scrapie-PrP (PrPSc) bezeichnet. Im Gegensatz zu PrPC ist PrPSc sehr Protease-resistent und besonders widerstandsfähig gegenüber den meisten physikalischen und chemischen Inaktivierungsmethoden. Bestimmte Mutationen im PRNP Gen können die Fehlfaltungswahrscheinlichkeit des translatierten PrP erhöhen.
Im Rahmen von gentechnischen Arbeiten werden transgene Versuchstiere, die Wildtyp-PRNP-Gene exprimieren, der Risikogruppe 1 zugeordnet. Zwar konnte hier in Einzelfällen bei den Versuchstieren, abhängig von der Expressionsstärke der PRNP-Gene, Symptome einer Neuropathologie nachgewiesen werden, die Bildung Protease-resistenter PrP-Formen wurde dabei jedoch nicht beobachtet. Auch gibt es derzeit keine Hinweise auf eine Bildung und Abgabe infektiöser PrPSc von transgenen Mäusen, die Wildtyp-PRNP-Gene verschiedener Spender exprimieren. Dagegen kann nach dem momentanen Wissensstand bei Versuchen mit transgenen Tieren, die spezifische, mutierte PRNP-Gene exprimieren, die spontane Fehlfaltung von PrPC zu PrPSc und die Abgabe infektiöser PrPSc nicht komplett ausgeschlossen werden. In diesen Fällen werden die Versuchstiere entsprechend der Risikogruppe des infektiösen PrPSc des Spenderorganismus eingestuft (Nager und Schaf: Risikogruppe 2; Rind, Hirschartige und Mensch: Risikogruppe 3**), auch wenn sie klinisch unauffällig sind.
Bei gentechnischen Arbeiten in der Sicherheitsstufe 1 sind zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen im Labor dann erforderlich, wenn Vektorsysteme zum Einsatz kommen, die zu einer hohen Expression ggf. im Menschen krankheitsverursachender PrP (mutierte PrP aus dem Menschen, dem Rind oder Hirschartigen) in humanen Zellen führen können. Bei gentechnischen Arbeiten der Sicherheitsstufen 2 und 3 zur Expression von mutierten PRNP Genen aus dem Menschen, dem Rind oder Hirschartigen, bei denen nicht auszuschließen ist, dass die Konversionswahrscheinlichkeit erhöht ist, empfiehlt die ZKBS ebenfalls, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Dazu gehört das Tragen von Schutzbrillen, von Einmalhandschuhen sowie eines Mund- und Nasenschutzes (ggfs. der Klasse P3). Die entsprechenden gentechnischen Arbeiten sollten nicht von Beschäftigten mit Barriere-Störungen der Haut durchgeführt werden. Spitze oder scharfe Gegenstände sollen bei den Arbeiten nur verwendet werden, wenn es unbedingt erforderlich ist. Für den Umgang mit aufgereinigtem PrP mit Mutationen, die eine Fehlfaltungswahrscheinlichkeit erhöhen können, sowie für gentechnische Arbeiten, bei denen mit infektiösen PrPSc der Risikogruppen 2 und 3** umgegangen wird bzw. solche entstehen können (einschließlich der Arbeiten mit transgenen Tieren, die infektiöse PrPSc abgeben können), empfiehlt die ZKBS außerdem grundsätzlich, den „Beschluss 603 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS): Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE) assoziierten Agenzien in Laboratorien“ zu beachten.
Die gesamte, aktualisierte ZKBS Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen 6790-10-75 abgerufen werden.