Verwendung von Polyomaviren für gentechnische Arbeiten

Dr. Joachim Kremerskothen

Die ZKBS hat in ihrer Stellungnahme vom Februar 2021 Polyomaviren als Spender- oder Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten in die Risikogruppe 2 eingestuft.

Die Familie Polyomaviridae umfasst unbehüllte Viren, die ein zirkuläres, doppelsträngiges DNA-Genom besitzen. Polyomaviren führen beim Menschen sowie bei verschiedenen anderen Wirbeltieren (Säugetiere und Vögel) zu persistierenden Infektionen, die subklinisch oder klinisch verlaufen können. Die Polyomaviren werden anhand der Struktur des großen Tumors(T)-Antigens (large tumor-antigen, LTAg) in die Gattungen Alpha-, Beta-, Gamma- und Deltapolyomaviren unterteilt. Einige Vertreter sind noch keiner der vier Gattungen zugeordnet und werden aktuell als nicht-klassifizierte Polyomaviren geführt. Das LTAg der Polyomaviren besitzt ein onkogenes Potenzial, da es an die zellulären Tumorsuppressorproteine p53 und Rb bindet und inaktiviert. In der Zellbiologie wird das LTAg von Macaca mulatta polyomavirus 1 (Synonym: Simian Virus 40, SV40) häufig zur Immortalisierung von Säugerzellen verwendet. Da eine Injektion von SV40 in neugeborene Hamster zudem Tumore verursachen kann, wurde dieses Virus bereits vorher von der ZKBS der Risikogruppe 2 zugeordnet. Die entsprechende Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen Az.: 6790-10-34 abgerufen werden.

Auch das das kleine T-Antigen (small tumor-antigen, STAg) übernimmt regulatorische Funktionen in der viralen DNA-Replikation, kann mit zellulären Proteinen interagieren und in Tiermodellen ebenfalls Tumore induzieren. Einige der aviären Polyomaviren können schwere Symptome wie Lethargie und Hämorrhagien mit einem teilweise tödlichen Verlauf verursachen. Bisher wird jedoch keines der aviären Polyomaviren mit einer Tumorbildung in ihren natürlichen Wirten in Verbindung gebracht. Im Gegensatz dazu verursacht das Raccoon polyomavirus (RacPyV, Spezies Procyon lotor polyomavirus 1) Gehirntumore in Waschbären, das Hamster-Polyomavirus (HaPyV, Spezies Mesocricetus auratus polyomavirus) induziert bei infizierten Tieren Lymphome und Leukämie.

Die ZKBS empfiehlt eine Einstufung von Polyomaviren als Spender- oder Empfängerorganismus für gentechnische Arbeiten in die Risikogruppe 2, da für einige Vertreter, die den Menschen, andere Säugetiere oder auch Vögel infizieren, eine Pathogenität nachgewiesen werden konnte. Die T-Antigene der Polyomaviren besitzen darüber hinaus per se ein immortalisierendes Potenzial, welches mit der Entstehung von Tumoren assoziiert ist. Basierend auf der aktuellen Datenlage lassen sich bislang keine zuverlässigen Aussagen über eine mögliche Apathogenität einzelner Spezies der Polyomaviren treffen. Die ZKBS Stellungnahme kann unter dem Aktenzeichen Az. 45242.0187 abgerufen werden.

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