Was bedeutet eigentlich eine gesetzliche Fiktion und wann genau tritt sie ein?
Dr. Petra Kauch
Umweltrechtliche Gesetze sehen immer häufiger von staatlichen Zulassungsentscheidungen ab und arbeiten mit gesetzlichen Fiktionen der Legalisierung, so auch das Gentechnikgesetz (GenTG).
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Für S1 und S2 Anlagen sowie weiteren S2 Arbeiten ist eine solche gesetzliche Fiktion in § 12 Abs. 5a S. 1 und Abs. 5 GenTG vorgesehen. Die Regelungen zu Legalisierung sind im Falle der Anzeige und im Fall der Anmeldung unterschiedlich, so dass sie getrennt in den Blick genommen werden sollen. Heute die Legalisierung sind im Falle der Anzeige. Im nächsten AGCT-Gentechnik.report dann die Legalisierung sind im Falle der Anmeldung. Für anzeigepflichtige Vorhaben gilt: Der Betreiber kann mit der Errichtung und dem Betrieb der gentechnischen Anlage und mit der Durchführung der erstmaligen gentechnischen Arbeiten im Falle der Sicherheitsstufe 1 sowie mit der Durchführung von weiteren gentechnischen Arbeiten im Falle der Sicherheitsstufe 2 sofort nach Eingang der Anzeige bei der zuständigen Behörde beginnen (§ 12 Abs. 5a S. 1 GenTG). Eine Regelung wie für die Anmeldung nach § 12 Abs. 5 GenTG, „wonach der Ablauf der Frist als Zustimmung zur Errichtung und zum Betrieb der gentechnischen Anlage und zur Durchführung der gentechnischen Arbeit gilt,“ fehlt hier. Dies findet seine Begründung darin, dass es eine „Frist“, die ablaufen kann, wie in § 12 Abs. 5 GenTG in diesem Fall nicht gibt. Es müssen für die Legalität 3 Voraussetzungen für den Beginn der Errichtung/Tätigkeit nach dem Wortlaut des Gesetzes vorliegen:
- die Anzeige muss bei der
- zuständigen Behörde
- eingegangen sein.
Anzeige bedeutet im Falle einer S 1 Anlage, dass das Formblatt AZ-S1, und im Fallse einer weiteren S 2 Arbeit das Formblatt A, jeweils nebst erforderlicher weitere Formblätter (S, AL, AP, AG, AT und GA, GS, GE, GV und GO sowie Formblatt M) ausgefüllt und 3-fach unterschrieben (Betreiber, PL und BBS) eingereicht werden müssen.
Zuständige Behörde ist die Zulassungsbehörde, nicht die Überwachungsbehörde.
Dort muss die Anzeige eingegangen sein, was mit einem Einschreiben mit Rückschein belegt werden kann.
Rechtsfolge ist dann, dass die Durchführung der Arbeiten dann kraft Gesetzes legal ist. Einer schriftlichen Entscheidung der Zulassungsbehörde bedarf es Fällen nicht. Liegen die Voraussetzungen vor, wird diese Wirkung auch nicht dadurch aufgehoben, dass einzelne Unterlagen fehlen. Denn nach § 12 Abs. 5a S. 2 GenTG kann die zuständige Behörde die Durchführung oder Fortführung der gentechnischen Arbeiten vorläufig bis zum Ablauf von 21 Tagen nach Eingang der nach Absatz 3 angeforderten ergänzenden Unterlagen oder der nach Absatz 4 einzuholenden Stellungnahme der Kommission untersagen, soweit dies erforderlich ist, um die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Zwecke sicherzustellen. Dabei handelt es sich um eine Ermächtigungsgrundlage für die Behörde in Form einer Ermessensentscheidung. D.h. die Behörde kann fehlende Unterlagen einfach nur informell, d.h. ohne förmlichen Verwaltungsakt nachfordern oder aber mit förmlichen Verwaltungsakt (Untersagungsverfügung), der dann mit einer Rechtmittelbelehrung versehen sein muss. Da S 1 Arbeiten in der Regel nicht mit einem Risiko für Mensch und Umwelt verbunden sind, dürfte eine Untersagungsverfügung für die Anforderung weiterer Unterlagen in der Regel nicht in Betracht kommen. Werden Unterlagen einfach nur informell angefordert, verbleibt es folglich bei der nach § 12 Abs. 5a S. 1 GenTG kraft Gesetzes bestehenden Legalisierung, auch wenn noch Unterlagen nachgefordert werden. Die Errichtung und der Betrieb der S1 Anlage und die Durchführung der S 1 Arbeiten sowie der weiteren S2 Arbeiten bleiben legal. Auf die Frage, ob die Unterlagen aus Sicht der Behörde vollständig sind, kommt es schon nach dem Wortlaut nicht an.