Welche Gefahr geht von Augennotduschen tatsächlich aus?

Dr. Tino Köster

Im Notfall entnommenes Wasser aus Augennotduschen ist meist hygienisch nicht einwandfrei.

Die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme bei Verätzungen, Verbrennungen, Kontaminationen und Verletzungen des Auges ist das sofortige Spülen mit viel Wasser. Hierfür müssen seit 1993 Augennotduschen in Laboratorien installiert sein. Eine mangelhafte Wartung dieser kann dazu führen, dass das im Notfall entnommene Wasser hygienisch nicht einwandfrei ist. Aus diesem Grund ist auch eine Temperierung des Wassers oberhalb der Raumtemperatur ungeeignet. Doch wie groß ist die Wahrscheinlichkeit einer Verkeimung und somit die Gefahr einer mikrobiellen Infektion des Auges tatsächlich? Eine Antwort auf diese Frage liefert das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA; vormals BGIA). Dieses hat die mikrobielle Belastung an 30 verschiedenen Augennotduschen untersucht und in 80 % der Fälle eine erhebliche Kontamination des Spülwassers mit Mikroorganismen festgestellt (55.000 Kolonie-bildende Einheiten (KBE) pro mL). Hierbei spielt insbesondere das Vorkommen von Pseudomonas aeruginosa in zwölf Fällen eine entscheidende Rolle, da diese Bakterienart das Auge bis hin zur Erblindung schädigen kann. Dagegen konnten trotz des Nachweises verschiedener Amöbenarten keine pathogenen Acanthamöben nachgewiesen werden. Diese können bei Verletzungen des Auges tief in die Hornhaut eindringen und schwer therapierbare Infektionen verursachen. Weniger starke Keimbelastungen wurden in einem weiterführenden Projekt des IFA in Kooperation mit der Landesanstalt für Arbeitsschutz Nordrhein-Westfalen (LAfA NRW) und der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (BG Chemie) festgestellt. Hierzu wurden Wasserproben unmittelbar nach Betätigen und nach dreiminütigem Betrieb entnommen und der KBE-Wert ermittelt. Weder P. aeruginosa noch Acanthamöben waren in einer der Proben nachweisbar und auch die maximale Keimbelastung lag bei maximal 3.000 KBE pro mL. Es hat sich jedoch gezeigt, dass nach erstmaliger Betätigung konsistent höhere Keimbelastungen festgestellt wurden als nach dreiminütigem Spülen. Grundsätzlich weisen auch schlauchlose Systeme geringere Keimbelastungen auf als mit flexiblen Schläuchen ausgestattete Einhandsysteme. Dies ist möglicherwiese auf die erleichterte Bildung eines Biofilms in den Schläuchen zurückzuführen. Im Gegensatz dazu ist die Keimbelastung unabhängig vom Alter der installierten Augennotdusche. Basierend auf den erzielten Messergebnissen empfiehlt das IFA daher neben der monatlichen Funktionsprüfung, die Augennotduschen möglichst täglich eine Minute lang zu betätigen, die Schläuche flexibler Systeme jährlich zu wechseln und so kurz wie möglich zu halten (1,5 bis 2 m). Bei der Installation ist darauf zu achten, dass die Zuführungsleitungen nicht als Stichleitungen ausgeführt werden. Empfohlen wird auch die jährliche Prüfung auf das Vorkommen von P. aeruginosa.

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